Unterstützende Diagnostik in unserem Hormonzentrum
Unser Hormonzentrum bietet eine umfassende Diagnose und Behandlung von Hormonerkrankungen durch spezialisierte Ärztinnen und Ärzte. Unser Aufgabengebiet ist von dem der internistischen Endokrinologinnen und Endokrinologen zu unterscheiden.
Hormonzentrum: Expert:innen für die Untersuchung und Behandlung von Hormonerkrankungen
In unserem Hormonzentrum beschäftigen wir uns mit der Untersuchung und Behandlung von Beschwerden und Krankheiten, die mit den verschiedenen Hormonsystemen im Körper zusammenhängen. Es stehen Ihnen speziell qualifizierte Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung, um Sie zu beraten, zu untersuchen und zu behandeln.
Hormone sind Botenstoffe, die von speziellen Drüsen freigesetzt werden und im Körper verschiedene Organe steuern. Diese Botenstoffe wirken oft in sogenannten Regelkreisen, in denen die Wirkung in einem Organ die Freisetzung von Hormonen in den Drüsen beeinflusst. Wenn diese Regelkreise gestört sind, kann dies die Funktion der Organe beeinträchtigen.
Unser Hormonzentrum hat seinen Schwerpunkt auf Hormonerkrankungen bei Frauen, insbesondere in der gynäkologischen Endokrinologie.
Die Organe, die im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen, sind:
• Eierstöcke (Ovarien)
• Hirnanhangdrüse (Hypophyse)
• Teile des Gehirns, wie den Hypothalamus
• Schilddrüse
Unsere Expertinnen und Experten sind darauf spezialisiert, die Gesundheit dieser Organe und ihre hormonellen Steuerungsmechanismen zu überwachen, zu behandeln und wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Expertise in Hormonsteuerung für optimale Gesundheitsunterstützung
Wir verstehen die Bedeutung von Hormonen als Steuerungsmechanismen, insbesondere für Genitalorgane, und wissen, wie Störungen in diesen Abläufen die Gesundheit beeinflussen können. Vertrauen Sie auf unser Fachwissen und unsere Erfahrung, um Ihre Gesundheit bestmöglich zu unterstützen.
Beratung, Diagnostik und Behandlung
Zunächst führen wir ein ausführliches Beratungsgespräch mit Ihnen. Um herauszufinden, welche Behandlung für Sie die beste ist, ist eine umfassende Diagnostik notwendig.
Zu folgenden Themen erhalten Sie in unserem Hormonzentrum eine Beratung, Diagnostik und Behandlung:
- angeborene oder vererbliche Hormonerkrankungen
- Hormonveränderungen und -störungen in Kindheit, Pubertät und Erwachsenenalter
- Hormonstörungen bei Kinderwunsch
- Hormonstörungen in der Schwangerschaft und in der Stillzeit
- Hormonveränderungen und -störungen in den Wechseljahren und im Alter
- hormonale Effekte von Funktionsstörungen/Krankheiten anderer Organe
- Endometriose
- hormonale Effekte auf die Brustdrüse
- hormonabhängige Krebserkrankungen
- Wirkungen von Medikamenten auf die Hormonsysteme
- Verhütung
Das Syndrom polycystischer Ovarien (PCO-Syndrom)
Das PCO-Syndrom zeigt sich durch folgende Symptome:
- Zyklusstörungen im Sinne eines zu seltenen Auftretens (Oligomenorrhoe) oder gar Fehlens (Amenorrhoe) der Regelblutung. In der Folge kann auch das Schwangerwerden erschwert sein.
- Zeichen eines vermehrten Vorkommens von männlichen Hormonen im Blut (Hyperandrogenämie). Dies kann zu Akne, gesteigerter Talgdrüsenfunktion, Haarausfall und Mehrbehaarung, insbesondere im Gesichts- und Bauchbereich führen.
- Typische „PCO-Eierstöcke“ im Ultraschallbild. Die Eierstöcke sind vergrößert, haben einen Kranz von größeren Eibläschen unter der Oberfläche und einen dichten Kern.
- Häufig entstehen auch Stoffwechselerkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes
- Die Ursachen für das PCO-Syndrom sind noch nicht völlig geklärt. Man nimmt an, dass durch häufiges Ausbleiben des Eisprunges und die dadurch veränderte Hormonlage dieses Syndrom auftreten kann. Begünstigend wirken auch Übergewicht, Diabetes und ein Überangebot an männlichen Hormonen, z.B. durch angeborene Hormonerkrankungen.
Behandlungsmöglichkeiten
Das PCO-Syndrom kommt nicht nur bei übergewichtigen Frauen vor. Bei diesen jedoch ist eine Gewichtsreduktion wesentlich. So kann der Teufelskreis „zu viele männliche Hormone“ – „Zuckerverwertungsstörung“ – „zu viel Insulin“ – „Übergewicht“ durchbrochen werden. Hier sollten eine Ernährungsumstellung und Sport Hand in Hand gehen.
Wenn kein Kinderwunsch besteht, ist, sofern keine medizinischen Gründe dagegensprechen, eine Pille gut geeignet, die männlichen Hormone zu reduzieren und den Zyklus regelmäßig zu gestalten. Es gibt bestimmte Pillen, die sich besonders gut hierfür eignen, weil sie die Wirkung der eigenen, männlichen Hormone unterdrücken. Sie behandeln auch Beschwerden wie Akne, Haarausfall und Mehrbehaarung.
Bei Kinderwunsch muss oft ein Medikament zur Eizellreifung und zur Auslösung des Eisprunges gegeben werden, da beides beim PCO-Syndrom meist gestört ist. Hier eignen sich Tabletten und/oder Hormonspritzen, die Freisetzung von FSH (follikelstimulierendes Hormon) fördern oder enthalten.
Oft ist ein PCOS mit einer so genannte Insulinresistenz nachgewiesen assoziiert, also eine erschwerte Aufnahme von Zucker in die Zellen und als Reaktion der Bauchspeicheldrüse eine hohe Konzentration von Insulin im Blut, kann Metformin (ein Diabetes-Medikament) eine hilfreiche Ergänzung sein.
Gelegentlich wird auch ein Glukokortikoid (ein anti-entzündliches Medikament), z. B. Dexamethason, in niedriger Dosierung in Frage kommen, wenn die Nebenniere mit für die erhöhte Freisetzung männlicher Hormone beiträgt. Es bewirkt eine Reduktion der männlichen Hormone durch die Unterdrückung ihrer Produktion in den Nebennieren. Bei Insulinresistenz, Diabetes und bei stärkerem Übergewicht ist dieses Medikament jedoch nicht für diesen Zweck geeignet, da es die Symptome verstärken kann.
Hyperprolaktinämie
Eine recht häufige Erkrankung, die zu Zyklusstörungen und damit zum erschwerten Schwangerwerden führen kann, ist die Hyperprolaktinämie, also ein Zuviel an Prolaktin im Blut.
Prolaktin ist ein Hormon, das vor allem im Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse entsteht und pulsartig freigesetzt wird. Es trägt in der Stillzeit zur Milchbildung bei.
Der Prolaktinspiegel im Blut kann von vielen Faktoren beeinflusst werden. Hier sind die wichtigsten Einflüsse:
Der Prolaktinspiegel wird erhöht durch
- Medikamente, u.a. Antidepressiva (Amitriptylin, Imipramin, Doxepin), blutdrucksenkende Medikamente (Reserpin, Clonidin, Methyldopa, Propanolol, Phenoxybenzamin), Morphin, Antihistaminika (Ranitidin, Cimetidin), Neuroleptika (Haloperidol, Promazin, Sulpirid), Dopaminantagonisten (Metoclopramid, wird häufig gegen Übelkeit verschrieben), Hormonpräparate (TRH, Östrogene, Gestagene, Antiandrogene), Kalziumantagonisten, Alkohol
- Stress
- Untersuchung der Brust, z.B. im Rahmen der gynäkologischen Krebsvorsorge
- Vergrößerung der Hirnanhangsdrüse (Hypophysenadenom, z.B. Mikro/Makroprolaktinom)
- psychiatrische Erkrankungen (z.B. Depressionen)
- Erkrankungen/Schädigungen des Zentralen Nervensystems
- körpereigene Hormone, z.B. Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH), thyroideastimulierendes Hormon (TRH), Oxytocin, Serotonin, Melatonin und endogene, also körpereigene Opiate (Endorphine)
- Schädigungen des Hypothalamus oder des Hypophysenstiels, es folgt die so genannte Enthemmungshyperprolaktinämie
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
- vermehrte männliche Hormone (Hyperandrogenämie)
- seltene Hormon- und Stoffwechselerkrankungen (Morbus Cushing, Akromegalie, Porphyrie)
- Schwangerschaft
- Stillen
- Schädigung von Leber- und Nierenfunktion
Oft lässt sich die Ursache nicht klären, man bezeichnet dies als „funktionelle Hyperprolaktinämie“
Der Prolaktinspiegel wird gesenkt durch
- Medikamente (Parkinsonmittel (L-Dopa), Secale-Alkaloide (Uterotonika, Migränemittel, alpha-Rezeptorenblocker), Opiatantagonisten (Naloxon), einige Psychoanaleptika, einige Mittel, die Erbrechen auslösen sollen (Emetika))
- Erkrankungen und Schädigungen der Hirnanhangsdrüse
- Östrogenmangel
- Dopamin
Was kann eine Hyperprolaktinämie bewirken?
- Milchfluss aus den Brustdrüsen (Galaktorrhoe)
- seltener werdende oder ausbleibende Regelblutungen (Oligomenorrhoe/Amenorrhoe)
- Ausbleiben der Eizellreifung und des Eisprungs und damit ungewollte Kinderlosigkeit
- höhere Spiegel der männlichen Hormone im Blut (Hyperandrogenämie)
- durch Östrogenmangel: verminderte Knochendichte
Was könnte der Arzt untersuchen/veranlassen - in Abhängigkeit von den geschilderten Beschwerden?
- Blutprobe (Prolaktin, Schilddrüsenfunktion, Hormone der Hirnanhangsdrüse, Östradiol, männliche Hormone)
- Untersuchung des Blickfeldes – das Blickfeld kann bei einem Prolaktinom eingeschränkt sein
- Untersuchung der Brustdrüsen
- Bei hohen Prolaktinwerten ohne sonstige Erklärung (z.B. Medikamentenwirkung): bildliche Darstellung mittels Magnetresonanztomographie (MRT) der betreffenden Gehirnregion, um eine Vergrößerung der Hirnanhangsdrüse oder eine blockierte Zufuhr des prolaktinhemmenden Hormons Dopamin aus dem Gehirn ausschließen zu können
- Augenärztliche Untersuchung, wenn gleichzeitig Kopfschmerzen oder Sehstörungen auftreten oder bei, im MRT nachgewiesenen, so genannten Makroprolaktinomen. Dies sind gutartige Tumore des Vorderlappens der Hirnanhangsdrüse, die größer als 1 cm sind und Prolaktin ausschütten. Eine vergrößerte Hirnanhangsdrüse kann nämlich auf die Sehnerven drücken.
Therapie
Die medikamentöse Therapie ist erste Wahl bei Prolaktinomen, d.h. bei gutartigen Tumoren des Vorderlappens der Hirnanhangsdrüse, bei Kinderwunsch und Beschwerden wie Zyklusstörungen und Milchfluss. Es handelt sich um so genannte Dopaminagonisten (z.B. Bromocriptin, Lisurid, Metergolin, Cabergolin, Quiagolid). Diese Medikamente können sich hemmend auf den Kreislauf auswirken und das Brechzentrum des Gehirns aktivieren (Cabergolin und Quiagolid deutlich weniger). Daher einschleichend dosieren und am besten abends nach dem Essen einnehmen.
Eine chirurgische Therapie ist sehr selten notwendig, z.B. bei therapieresistenten Makroprolaktinomen, insbesondere bei akuter Kompression von Nachbarorganen wie dem Sehnerv oder bei nicht-prolaktinproduzierenden Tumoren.
Ohne Begleiterscheinungen wie Östrogen-Hormonmangel, Zyklusstörungen oder Milchfluss und ohne Kinderwunsch muss eine Hyperprolaktinämie nicht behandelt werden.
Schwangerschaft, Stillen und Verhütung
Die Therapie einer Hyperprolaktinämie während einer Schwangerschaft sollte in Rücksprache mit einem Hormonzentrum erfolgen. In der Regel kann aber, wenn kein Makroprolaktinom vorliegt, das Medikament abgesetzt werden. Häufig wird in der Praxis das Medikament erst ab der 12. Schwangerschaftswoche abgesetzt, da in der Frühschwangerschaft vermehrt Fehlgeburten beobachtet wurden, wenn vor der Schwangerschaft eine Hyperprolaktinämie vorlag. Hierfür gibt es aber keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse. Die Dopaminagonisten sind nach jetzigem Kenntnisstand nicht schädlich für den Embryo/das Baby.
Die durch Geburt und Saugreiz ausgelöste Hyperprolaktinämie während des Stillens vergrößert die Hirnanhangsdrüse nicht, daher ist das Stillen erlaubt.
Eine Verhütung mit der Pille, dem Vaginalring und der so genannten Hormonspirale ist auch bei Hyperprolaktinämie möglich. Der Östrogenanteil der Pille sollte bei Prolaktinomen möglichst niedrig gewählt werden.
Vorzeitige Wechseljahre
Die vorzeitigen Wechseljahre (Climacterium praecox) werden als das Versiegen der Eierstockfunktion vor dem 40. Lebensjahr definiert.
Die Eierstockfunktion lässt auch unter normalen Umständen langsam mit zunehmendem Lebensalter nach. Dies liegt daran, dass der Vorrat an Eibläschen (Follikeln) geringer wird. Die vollständige Erschöpfung der Reserven der Eierstöcke (Menopause) findet im Durchschnitt in Mitteleuropa im 52. Lebensjahr statt, allerdings ist der Eintritt dieses Ereignisses individuell sehr unterschiedlich. Meist zeigen sich schon deutlich vorher Anzeichen wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Zyklusstörungen oder trockene Schleimhäute. Diese Lebensphase vor der Menopause wird allgemein als „die Wechseljahre“ oder als Klimakterium bezeichnet.
Anzeichen der vorzeitigen Wechseljahre
- Die Regelblutungen werden seltener und hören schließlich vollständig auf.
- Als Symptome der Wechseljahre können z.B. auftreten: Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Zyklusstörungen oder trockene Schleimhäute
Wie können die vorzeitigen Wechseljahre entstehen?
Meist findet man keine Ursache. Man nennt dies „idiopathisch“. In manchen Familien kommen die vorzeitigen Wechseljahre gehäuft vor.
Autoimmunerkrankungen, d.h. das Immunsystem richtet sich gegen körpereigene Strukturen – hier gegen Eierstockgewebe. Gelegentlich treten im Zusammenhang mit den vorzeitigen Wechseljahren auch andere Autoimmunerkrankungen auf wie rheumatoide Arthritis, Nebennierenunterfunktion (Morbus Addison), Nebenschilddrüsenunterfunktion (Hypoparathyreoidismus), Hashimoto-Thyreoiditis – eine häufige Erkrankung der Schilddrüse, Myasthenia gravis, Diabetes mellitus, perniziöse Anämie, autoimmunhämolytische Anämie, Morbus Werlhof, Vitiligo oder die chronisch biliäre Zirrhose. Manchmal treten diese Autoimmunerkrankungen im Rahmen relativ seltener Syndrome in Kombinationen auf, man nennt sie „polyglanduläre Insuffizienz“.
Genetische Erkrankungen, z.B. Monosomien wie Turner-Syndrom(-Mosaik); Polysomien wie Triple-X; strukturelle Anomalien wie Deletion, Translokation oder Ringbildungen; Mutationen im FSH-Rezeptor-Gen, im LHβ-Gen, im Inhibin-Gen; Fragiles-X-Syndrom; X-chromosomale POF-1- und POF-2-Mutationen, und andere.
Umweltfaktoren
- ionisierende Strahlung: Bis zu einer Dosis von 150 rads ist kein Schaden zu erwarten, über 800 rads ist sicher mit einem permanenten Ausbleiben der Eierstockfunktion zu rechnen.
- Chemotherapie
- operative Entfernung der Eierstöcke
- Chemikalien: aromatische Kohlenwasserstoffe, Zigaretteninhaltsstoffe
- Viren: z.B. Eierstockentzündung durch Mumps-Viren
- Enzymdefekte (seltene angeborene Veränderungen des Stoffwechsels): Galaktosämie, 17α-Hydroxylasemangel
Was könnte der Arzt untersuchen/veranlassen?
- Hormonuntersuchung (Östradiol, FSH, LH, TSH, Prolaktin, evtl. Anti-Müller-Hormon, Testosteron)
- Genetische Beratung und Untersuchung (z.B. Chromosomenanalyse, Fragiles-X-Syndrom)
- Ausschluss einer polyglandulären Insuffizienz (siehe oben – z.B. Schilddrüsen-Autoantikörper, Cortisol, Calcium, Phosphat, Blutbild, Blutzucker, Insulin)
- Probeentnahme aus den Eierstöcken zur feingeweblichen Untersuchung (= Histologie) und Immunhistochemie (Anti-Ovar-Antikörper) über eine Bauchspiegelung. Dieses Vorgehen bringt meist keinen Vorteil in der weiteren Behandlung, wird daher in der Regel nur dann durchgeführt, wenn aus einem anderen Grund eine Bauchspiegelung ohnehin notwendig wäre.
Was kann man tun?
Sofern eine genetische Ursache ausgeschlossen werden kann, handelt es sich in 10 – 20% der Fälle um ein vorübergehendes Phänomen (sog. intermittent ovarian failure). Sofern die Eierstöcke eine normale Größe und/oder Funktionszeichen zeigen, kann eine vorübergehende Hormonersatztherapie gelegentlich zu einer zumindest teilweisen Wiederaufnahme der Eierstockfunktion führen.
Wenn es sich um ein vorübergehendes Phänomen handelt, ist natürlich auch das Eintreten einer Schwangerschaft möglich und bei Verhütungsbedarf müssen entsprechende Vorkehrungen getroffen werden.
Bei dem (häufigeren) dauerhaften Verlust der Eierstockfunktion ist eine langfristige Hormonersatztherapie unbedingt notwendig, um hormonmangelbedingten Folgeerkrankungen vorzubeugen. Insbesondere ist das Risiko, an einer Osteoporose (Knochenschwund) zu erkranken, sehr hoch. Aber auch weiteren Nachteilen eines Hormonmangels gilt es entgegenzuwirken.
Bei Kinderwunsch ist bei noch erhaltener Restfunktion der Eierstöcke der Versuch einer ggf. hochdosierten Stimulationstherapie möglich. Dabei spritzt sich die Patientin follikelstimulierendes Hormon und der Effekt wird durch Ultraschall- und Blutuntersuchungen überprüft. Diese Behandlung wird in der Regel im Kinderwunschzentrum durchführen. Umstritten ist, inwieweit es sinnvoll sein kann, eine Vorbehandlung voranzustellen, z.B. mit Östrogenen/Gestagenen oder GnRH-Analoga. Nicht bewiesen und eher experimentell ist der Nutzen der Gabe von Kortikoiden, Danazol oder Wachstumshormon. Experimentell ist noch die intraovarielle Injektion von Plättchen-reichem Plasma (PRP) der Patientin vor geplanter Stimulation der Ovarien zur Gewinnung von Eizellen für die extrakorporale „künstlichen“ Befruchtung (IVF oder ICSI).
Ist die Ursache für die vorzeitigen Wechseljahre genetisch oder ist keine Restfunktion der Eierstöcke vorhanden, bleibt als einzig realistische Therapie zur Erfüllung des Kinderwunsches eine künstliche Befruchtung mit Eizellen einer Spenderin. Derzeit ist diese Behandlung in Deutschland nach §1(1) des Embryonenschutzgesetzes von 1990 verboten, also nur im Ausland möglich. Eine weitere Alternative ein Kind zu bekommen, wäre eine Adoption.
Turner-Syndrom
Was ist das Turnersyndrom?
Durch Fehlen oder Veränderungen im Aufbau eines X-Chromosoms kommt es zu einem Syndrom mit folgenden Veränderungen:
- Kleinwuchs (Ursache: SHOX-Gen-Haploinsuffizienz)
- äußere Auffälligkeiten wie Flügelfell, Naevi (Muttermale), Schildthorax, Cubitus valgus und andere Veränderungen
- Durch frühembryonale Degeneration des Eibläschenapparats der Eierstöcke entwickeln sich so genannte Stranggonaden, funktionierende Eierstöcke sind somit nicht vorhanden. Die Pubertät bleibt aus, das Schwangerwerden ist auf normalem Wege nicht möglich.
- Funktionsstörungen im Herz-Kreislauf-System, im Zuckerstoffwechsel, der Schilddrüsenfunktion u. a.
- Oft sind nicht alle Zellen des Organismus von der Monosomie X betroffen, das Erscheinungsbild ist deshalb heterogen und oft nicht so ausgeprägt, als wenn alle Zellen betroffen sind – s. „Mosaik“ unten.
Untersuchungen
Durch eine Analyse der Grobstruktur der Erbanlagen kann die Diagnose gestellt werden. Diese nennt man Chromosomenanalyse und wird aus Blutzellen erstellt. Alternativ kann eine Chromosomenanalyse auch aus Hautzellen (Fibroblasten) erfolgen. Es sind auch folgende Fragen zu klären:
- Liegt ein Mosaik oder ein nur teilweiser Verlust eines X-Chromosoms vor?
- Gibt es Anteile des (männlichen) Y-Chromosomenanteils?
- Gibt es eine Restfunktion der Eierstöcke? Dies kann durch eine Blutuntersuchung zur Hormon-Überprüfung näher untersucht werden.
- Liegen zusätzliche Erkrankungen vor (Herzultraschall, Nierenultraschall, Hörtest etc.)?
Mosaik
Bei Mosaiken (nicht jede Zelle ist von der genetischen Veränderung betroffen) und einigen strukturellen Veränderungen des X-Chromosoms sind häufig mildere Verlaufsformen zu erwarten, oft auch eine erhaltene Eierstockfunktion. Im letzteren Fall ist jedoch sehr häufig mit einem vorzeitigen Eintreten der Wechseljahre zu rechnen. Auch wenn es unter Umständen vorkommt, dass etwas Material des (männlichen) Y-Chromosoms vorhanden ist, ist die Patientin mit Turnersyndrom immer weiblich. In diesem Fall besteht jedoch das Risiko, dass aus den Stranggonaden gut- oder bösartige Tumoren erwachsen, erhöht, so dass eine operative Entfernung der Stranggonaden zu empfehlen ist.
Wachstum
Das Wachstum ist genetisch unabhängig von der Eierstockfunktion. Zur Erhöhung der Endgröße ist eine Wachstumshormongabe häufig sinnvoll. Ob diese Therapie jedoch deutlichen Größenzugewinn zeigt, ist vom Alter beim Behandlungsbeginn, von der Behandlungsdauer und von der Wachstumshormondosis abhängig; letztlich ist der Effekt jedoch nicht vorhersehbar. Zusätzlich kann Oxandrolon gegeben werden, ein wachstumsförderndes Steroid. Hier muss jedoch die Leberfunktion im Auge behalten werden. Sinn der Wachstumshormonbehandlung ist die Normalisierung der Körpergröße als Kind, damit die Umgebung das Alter des Kindes richtig einschätzen kann und eine sogenannte Infantilisierung nicht stattfindet. Darüber hinaus ist das Ziel der Behandlung, dass im Pubertätsalter eine akzeptable Körpergröße angenähert wird. Im Pubertätsalter soll nämlich die Pubertät mit Östrogenen (weiblichen Sexualhormonen) eingeleitet werden. Schließlich ist Zweck der Wachstumshormonbehandlung, dass im Erwachsenenalter eine normale Endgröße erreicht wird. Jedoch ist Studien zufolge die Lebensqualität beim Turnersyndrom nicht abhängig von der Körperhöhe.
Pubertät und ihre Einleitung
Bei Mosaiken oder nur teilweisem Verlust eines X-Chromosoms kann die Pubertät spontan eintreten.
Voraussetzung hierfür ist eine erhaltene Eierstockfunktion. Sogar bei vorhandenen Y-chromosomalen Anteilen im Mosaik ist eine spontane (weibliche) Pubertät möglich. Ob eine Eierstockfunktion vorhanden ist, kann durch die Bestimmung der Hormone FSH, LH und Östradiol sowie das Anti-Müller-Hormon näher eingeschätzt werden. Beim Fehlen der Ovarfunktion ist eine Pubertätseinleitung mit Östogenen angezeigt. Die körperliche Pubertätsentwicklung ist für die Persönlichkeitsentwicklung von großer Bedeutung. Strittig war in der Vergangenheit, wann die Pubertätsinduktion beginnen soll. Die Östrogene beenden durch den Schluss der Knochenfugen (Epiphysenfugenschluss) das Längenwachstum und wären somit ein „Gegenspieler“ zum Wachstumshormon. Inzwischen scheint sich die Fachwelt einig zu sein, dass ein Start der Behandlung mit Östrogenen im Alter von 12 Jahren erfolgen soll. Es wird Östrogen ohne zusätzliches Gelbkörperhormon (Gestagen) gegeben, um das Wachstum von Brust und Gebärmutter durch das Gestagen nicht zu verzögern. Etwa ab dem 3. Jahr der Hormonbehandlung wird zusätzlich ein Gelbkörperhormon gegeben, um eine regelmäßige Periode sicherzustellen.
Fruchtbarkeit beim Turnersyndrom
Frauen mit Turnersyndrom haben eine Gebärmutter, können somit prinzipiell Kinder austragen. Bei Mosaiken oder nur teilweisem Verlust des X-Chromosoms sind oft funktionierende Eierstöcke vorhanden. Wenn dies nicht der Fall ist, sind funktionslose Stranggonaden zu sehen und damit ist eine Schwangerschaft auf normalem Wege nicht möglich.
Bei vorhandener Eierstockfunktion ist somit also eine Schwangerschaft prinzipiell möglich. Somit würde bei fehlendem Kinderwunsch auch Verhütungsbedarf bestehen. Zum Erreichen einer Schwangerschaft ist jedoch häufig eine Eizellstimulation mit Hormonen und anschließender Eisprungauslösung notwendig. Das Hauptproblem ist, das vorzeitige Wechseljahre wahrscheinlich sind und daher die Familienplanung möglichst nicht zu weit hinausgezögert werden sollte. Bei der Wahl der passenden Verhütungsmethode ist zu beachten, dass bei Patientinnen mit Turnersyndrom häufig Herzkreislauf-Erkrankungen und Veränderungen des Zucker- und Fettstoffwechsels vorliegen. Pillen, die Östrogen und Gelbkörperhormon enthalten sowie der Vaginalring und das Verhütungspflaster haben ein gewisses Risiko, Thrombosen oder Embolien hervorzurufen (Gefäßverschlüsse), wenn zusätzliche Risikofaktoren auftreten. Daher sollte eine internistische Abklärung im Vorfeld die Anwendung dieser Verhütungsmethoden folgen. Bei Depot-Gestagenen ist zu beachten, dass bei längerfristiger Anwendung ein Osteoporose-Risiko besteht (Knochenschwund), welches beim Turnersyndrom an sich schon häufiger vorkommt. Darüber hinaus ist nach dem Absetzen damit zu rechnen, dass oft bis zu einem Jahr lang keine Periode auftritt; dies ist besonders dann ungünstig, wenn die Familienplanung schnell umgesetzt werden soll. Bei der Anwendung von Spiralen, Portiokappe oder Femidom („Frauenkondom“) ist zu beachten, dass die anatomischen Verhältnisse, z.B. kleiner Uterus etc. berücksichtigt werden müssen.
Wie kann die Fruchtbarkeit – bei vorhandener Eierstockfunktion – erhalten werden?
Der Sinn ist die Erhaltung der Fruchtbarkeit für die Zeit nach den (sehr oft vorzeitigen) Wechseljahren bzw. nach der Entfernung der Eierstöcke, wenn Y-chromosomales Material in der Chromosomenanalyse erscheint (siehe oben). Die Optionen wären:
- Wenn ein Lebenspartner vorhanden ist: IVF mit Kryokonservierung / Vitrifizierung (Einfrieren) der befruchteten Eizellen. Dies ist ein etabliertes Verfahren bei der künstlichen Befruchtung.
- Wenn noch kein Partner vorhanden ist: Einfrieren unbefruchteter Eizellen nach Hormonstimulation oder Einfrieren von Eierstockgewebe, welches mittels einer Bauchspiegelung gewonnen werden müsste. Hier wäre eine Hormonstimulation im Vorfeld nicht notwendig.
Fruchtbarkeit bei fehlender Eierstockfunktion
Eine Schwangerschaft ist grundsätzlich möglich, da eine Gebärmutter vorhanden ist. Diese sollte jedoch im Rahmen der Pubertätsinduktion mit Östrogenen eine bestimmte Mindestgröße erreicht haben. Da die Eierstöcke nicht funktionieren, ist die einzige Behandlungsoption der Embryotransfer nach künstlicher Befruchtung von Spendereizellen. Hierbei wird die Gebärmutterschleimhaut der Empfängerin (der Turnersyndrom-Patientin) zuvor mit hochdosierten Östrogentabletten aufgebaut. Dieses Verfahren ist in Deutschland derzeit nach dem Embryonenschutzgesetz nicht möglich. Als Alternative bliebe dann eine Adoption.
Welche Risiken hat eine Schwangerschaft beim Turnersyndrom?
Das Risiko für Chromosomenveränderungen für die Nach-kommen (bei funktionierenden Eierstöcken) ist unklar. Die Fehlgeburtsrate ist wohl nicht erhöht. Aufgrund der Körpergröße (enges Becken) ist häufig eine Kaiserschnittentbindung notwendig. Es besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Schwangerschaftszuckerkrankheit (Gestationsdiabetes) und Schwangerschaftshochdruck. Eventuell können hohe Risiken in Bezug auf das Herzkreislaufsystem in einer Schwangerschaft vorliegen. Daher sollte vor einer geplanten Schwangerschaft unbedingt eine ausführliche internistische Abklärung erfolgen, z.B. mit Herzechographie, MRT der Hauptschlagader (Aorta). Sollte die Schwangerschaft durch Eizellspende eingetreten sein, so ist zu beachten, dass ein fünffach erhöhtes Präeklampsie-Risiko besteht (früher: Schwangerschaftsvergiftung).
Wie kann man Folgeerkrankungen verhindern?
Es sollten regelmäßige Untersuchungen auf innere Erkrankungen erfolgen. Häufig finden sich beim Turnersyndrom Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, der Nieren, der Leber, außerdem Zöliakie, Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse, Diabetes, Fett- und Knochenstoffwechselerkrankungen etc. Zudem ist eine Hormonersatztherapie dringend angezeigt: Zur Verhinderung von Osteoporose (Knochenschwund) und trockenen Schleimhäuten sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten Östrogene eingenommen werden und zur Verhinderung östrogenbedingter Blutungsstörungen oder Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut auch ein Gelbkörperhormon. Diese Medikation sollte mindestens bis zum Alter der natürlichen Wechseljahre (ca. 45 Lebensjahr) eingenommen werden. Es gibt die Möglichkeit, Tabletten oder Hormonpflaster anzuwenden. Sinnvoll ist auch die Einnahme von Vitamin D und Calcium - diese dürfen allerdings nicht alternativ zu den Hormonen verstanden werden.